Eigentlich fühlten wir uns ganz wohl in unserem Reihenhaus am Stadtrand von Nürnberg und doch spürten wir, dass ein neuer Abschnitt vor uns lag. „Wir sollen uns nicht allzu fest einrichten, sondern immer wieder neu ausrichten“. Dieser Satz aus einem Gebetskalender brachte mich immer wieder zum Nachdenken und Beten. Mein Mann und ich wollten zum einen mehr Gemeinschaft leben und zum anderen spürten wir, wie Gott uns immer mehr die Not von Flüchtlingen aufs Herz legte. Der Gedanke, in einem Haus beides zu verbinden und Gastfreundschaft zu praktizieren, war geboren. Ich spürte wie der Satz „Riskiere dein Herz“ auf einmal ganz praktisch wurde.

Fast zeitgleich starteten verschiedene Mitarbeiter des nehemia teams ein Kontaktcafé für Flüchtlinge. Auch sie waren bereit, ihr Herz zu riskieren, sich für Menschen zu öffnen, die aus einer ganz anderen Kultur kommen. Durch die Begegnung zwischen Einheimischen und Menschen aus anderen Kulturen entstehen hier Freundschaften und Integration wird gefördert.

Schließlich kauften mein Mann und ich zusammen mit einer Freundin ein Haus mit drei Wohneinheiten. In einer dieser Wohnungen nahmen wir zwei kurdische Asylbewerber aus Syrien auf. Einer davon ein „unbegleiteter minderjähriger Flüchtling“ (UMF). Im August dieses Jahres sind wir eingezogen. Beim Umzug halfen sechs Syrer, darunter auch unsere Freunde aus dem Kontaktcafé. (siehe Bild.)

Riskiere dein HerzII

Inzwischen hat sich eine gute Hausgemeinschaft gebildet und wir unterstützen die beiden Kurden, wo sie gerade Hilfe brauchen. H. wollte soziale Arbeit studieren, bekam aber an der evangelische FH keinen Studienplatz. Als er dann auch noch eine andere Prüfung verpatzte und sich die Aufgabe als Pflegevater für seinen Neffen schwieriger gestaltete als erwartet, fiel er in ein emotionales Loch. Er sah keine Perspektive mehr für das Leben in Deutschland, obwohl er in Syrien bereits ein Lehramtsstudium hinter sich hatte. Wir luden ihn zum Essen ein und boten an, für ihn zu beten: „Jesus kenne seine Situation, auch wenn wir nicht wissen, was zu tun sei“. H. lebte in seiner Heimat als nomineller Muslim. Nachdem er so viel Gewalt von den ISIS Truppen erlebt hatte, wandte er sich von jeder Religion ab.

Es vergingen ein paar Tage und ich erfuhr, dass dringend ein Sozialpädagoge für eine Notunterkunft für UMF gesucht würde. Nun ist H. zwar kein deutscher Sozialpädagoge, hat aber Sprach- und Kulturkenntnisse, die für solch eine Arbeit sehr wertvoll sind. Vier Tage später ging ich mit ihm zum Landratsamt, um seinen Arbeitsvertrag zu unterschreiben. Danach sagte er: „Gebet kann wirklich etwas verändern.“ Am nächsten Sonntag kamen er und sein Bruder, der ebenfalls in Nürnberg lebt, zum ersten Mal mit in den Gottesdienst. Das Predigtthema war „Gebet“. Als wir abends unseren kurdischen Freund fragten, wie ihm der Gottesdienst gefallen habe, meinte K: „Es war der schönste Tag für mich seit ich in Deutschland bin. Ich habe so viel Liebe gespürt.“ – Es lohnt sich, sein Herz zu riskieren!

Elke und Edgar Feld

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