Wir bitten sehr oft, um von Gott etwas zu bekommen: Wir beten um Versorgung, Heilung, geistliche Gaben, einen freien Parkplatz, Freunde, Erfüllung usw. Oder wir beten kämpferisch, wollen „Gottes Arm bewegen“, erbitten Erweckung und hoffen dass Gott in unserem Land große Dinge tut. Neulich erzählte mir jemand von ihrem Zwiegespräch mit Gott:

„So wie ein guter Vater gibt Gott sehr gerne und er freut sich, wenn wir von ihm etwas erwarten und zu ihm kommen. Aber als Vater oder Mutter freue ich mich besonders, wenn meine Kinder zu mir kommen ohne etwas von mir zu wollen – nur aus Interesse an mir, um mich zu fragen wie es mir geht und was meine Bedürfnisse sind. Als ich im Gebet Gott gefragt habe, wie es IHM geht, kam mir der Gedanke, dass er wohl viel weinen muss wegen der Zerrissenheit, dem Leid und der Ungerechtigkeit in dieser Welt. Normalerweise erschlägt mich solch ein Gedanke, denn ich bin nicht in der Lage, die Tränen Gottes zu trocknen. Aber diesmal hatte ich den Eindruck und zugleich den Herzenswunsch, dass ich nur durch mein kleines alltägliches Leben ihm einige Tränen trocknen kann, in dem ich versuche die Maßstäbe Gottes wie Liebe, Treue, Geduld, Großzügigkeit, Barmherzigkeit, Dankbarkeit, Gerechtigkeit usw. umzusetzen. Jetzt bin ich viel mutiger, nicht nur meine Bedürfnisse vor Gott im Gebet auszubreiten, sondern auch zu fragen: Wo brauchst Du mich? – und zu warten, welche Gedanken und Impulse mir dann kommen……“

Ich frage mich, ob wir Gottes Arm für diese Welt erst noch bewegen müssen – ist Jesus nicht schon zu tiefst bewegt, wenn er auf diese Welt, die Menschen, die Not, die Kriege, die Flüchtlingsströme, die Zerstörung, den Hunger, die extreme Armut und ungerechte Verteilung der Ressourcen sieht? Wir lesen in den Evangelien immer wieder von dem Bewegtsein und den Tränen Jesu über den Zustand der Menschen. Geht es letztlich nicht vielmehr darum, dass Gott MICH bewegen kann?

Hans Heidelberger

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